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Hohe Nutzerbeliebtheit: Kriterien einer Top Gesundheits-App

Geschrieben von ursula.kramer am Montag, 7. November 2016 - 16:26
Gute Gesundheits-Apps finden: Checkliste

Um sich dem Thema Qualität von Gesundheits-Apps zu nähern, sind zwei Perspektiven wichtig:

1. Gesundheitswissenschaft

In welchem Maße erfüllen Gesundheits-Apps die wissenschaftlich akzeptierten Standards, die gute Gesundhetisinformationen auszeichnen (Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin 2009)? Die häufig fehlende Angaben der Anbieter, die zur Beantwortung dieser Frage erforlderich sind, erschweren die Einschätzung der Qualität und schwächen das Vertrauen in Gesundheits-Apps (Diabetes-Apps Screening 06/2016).

2. Nutzerzielgruppen

Welche Apps werden von Anwendern besonders gut angenommen? Was unterscheidet diese Apps von der großen Mehrheit der anderen Apps, die weitgehend ungenutzt in den App-Stores liegen? Von den deutschsprachigen Gesundheits- und Medizin-Apps erreichen aktuell lediglich ca. 1.200 Apps mehr als 50.000 Downloads (Health-App Dashboard, 10/2016). Was machen diese Apps besonders gut?

Als Suchender in den großen App-Stores hat man derzeit keine Möglichkeit, unbedeutende "Ladenhüter" aus den Trefferlisten herauszufiltern. Das erschwert die Suche und trägt wesentlich zur Intransparenz des Marktes bei. Das Wissen über die sog. "Top-Apps", die in der Gunst der Anwender besonders gut abschneiden, ist nicht nur für Patienten und Verbraucher eine hilfreiche Orientierung, sondern auch für Entwickler und Anbieter von Apps, die wissen wollen, was Qualität aus Sicht der Nutzerzielgruppen bestimmt. Aus diesem Grund bietet HealthOn die Möglichkeit, die in der Datenbank gelisteten Gesundheits-Apps nach ihrer Nutzerbeliebtheit zu sortieren. In einer neuen Rubrik "Top-Apps nach Nutzerbeliebtheit" sind die Testberichte der jeweils ersten drei Top-Apps einer Anwendungsgruppe gelistet.

Qualität aus Perspektive der App-Nutzer

Aus Nutzersicht ist es entscheidend, ob sich die  App einfach bedienen lässt und ob es Spaß macht, sie zu nutzen. So banal das klingt, sind das die elementaren Grundvoraussetzungen, damit eine App im zweiten Schritt ihren gesundheitsförderlichen Nutzen überhaupt unter Beweis stellen kann. Ob sich mit einer App die erhofften Gesundheitsziele besser oder einfacher erreichen lassen, erfährt der Nutzer nämlich erst, wenn er eine Gesundheits-App langfristig nutzt. Wenn die Unterstützungsfunktionen und auch die Sprach- und Bildwelten einer App auf die Möglichkeiten und den Hilfebedarf ihrer Nutzerzielgruppe ausgerichtet sind, kann eine App den erhofften Nutzen vermitteln. Das spricht sich in der Online-Community herum, Nutzer bewerten die App gut und empfehlen sie anderen weiter.

Wichtig: Bewertungen können manipuliert werden. Je mehr Bewertungen eine App hat in Relation zu den Downloads, die sie erreicht, je aussagekräftiger ist das Urteil. Denn tausende Bewertungen lassen sich nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand „kaufen“.

Welche App-Eigenschaften führen zu hoher Nutzerbeliebtheit?

Die sog. Mobile Application Rating Scale  (MARS) ist der Versuch einer australischen Forschergruppe der Queensland Universität (Stoyanov 2015) eine Korrelation zwischen der vom Nutzer eingeschätzten Qualität und den Sterne-Bewertungen (1 bis 5) in den Stores herzustellen. Erste Projekte zur Validierung des Fragebogens zeigen (Stoyanov 2016), dass folgende Parameter in das Qualitätsurteil einfließen. Die Parameter werden mit insgesamt 20 Fragen auf vier verschiedenen Ebenen erfasst. Auch die Einschätzung der Qualität und Vertrauenswürdigkeit der vermittelten Gesundheitsinformationen gehört dazu:

  • Interaktivität der App, Individualisierung und Grad der Einbeziehung des Nutzers und seines sozialen Umfeldes - (Engagement, 5 Fragen)
  • Funktionalitäten der App, Bedienbarkeit & Einfachheit der Nutzung (Funktionalität, 4 Fragen)
  • Ansprechende Aufmachung der App, visuelle Bildwelt, die gefällt und intuitive Bedienbarkeit ermöglicht (Aesthetics, 3 Fragen)
  • Qualität und Aufmachung der Informationen, Glaubwürdigkeit der Quellen (Information, 4 Fragen). Wenn sich Nutzer auf Gesundheitsinformationen oder Empfehlungen in Apps verlassen wollen, fragen sie sich bei ihrem Qualitätsurteil auch, ob diese glaubwürdig sind, d. h. korrekt, aktuell, frei von Firmen- oder Produktinteressen etc.

Verwalten sie mit einer App persönliche Gesundheitsdaten, wünschen sie darüber hinaus, dass diese nicht in falsche Hände geraten oder zu ihrem Nachteil von Dritten unbefugt verwendet werden (Kramer et al. 2014). Einer Nutzung durch Krankenkassen scheinen Anwender hingegen aufgeschlossen zu sein, wenn das mit Vorteilen für sie verbunden ist z. B. in Form von Bonuszahlungen. (YouGov 2015),

Qualitätssicherungsinstrumente für App-Entwickler, Orientierungshilfen für Verbraucher und Patienten

Entwickler von Gesundheits-Apps sowie Verantwortliche von Krankenkassen und öffentlichen Gesundheitsbehörden, die ihre eigenen App-Angebote überprüfen wollen, können die Mobile Application Rating Skala (MARS) als Instrument der Qualitätssicherung nutzen, um Qualität, Transparenz bzw. Nutzerorientierung von Gesundheits-Apps einzuschätzen und ggf. Optimierungspotentiale zu erkennen.
Ärzte, die von Patienten auf empfehlenswerte Apps angesprochen werden, können auf die Testdatenbank mit über 500 unabhängigen Testberichten von Gesundheits-Apps verweisen sowie auf die interaktive Online-Checkliste „Gute Gesundheits-Apps“. Verbraucher und Patienten können damit das Risiko verstehen und  einschätzen, das von der Nutzung einer Gesundheits-App für sie verbunden ist. Darüber hinaus lassen sich mit der Checkliste die Angaben der Hersteller prüfen, die zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit einer Gesundheits-App wichtig sind.

Quellen

  • Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. (2009). Gute Praxis Gesundheitsinformation. In: Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung, Qualität im Gesundheitswesen, 104, S. 66-68. www.ebm-netzwerk.de/pdf/publikationen/gpgi.pdf Version 2.0, Stand 21.07.2016
  • Screening Diabetes-Apps 6/2016. Diabetes-Apps gibt es viele. Nur Wenige werden von Vielen genutzt.
  • Stoyanov SR, Hides L, Kavanagh DJ, Wilson H. Development and Validation of the User Version of the Mobile Application Rating Scale (uMARS). Eysenbach G, ed. JMIR mHealth and uHealth. 2016;4(2):e72. doi:10.2196/mhealth.5849.
  • Stoyanov SR, Hides L, Kavanagh DJ, Zelenko O, Tjondronegoro D, Mani M. Mobile App Rating Scale: A New Tool for Assessing the Quality of Health Mobile Apps. JMIR Mhealth Uhealth 2015;3(1):e27 https://mhealth.jmir.org/2015/1/e27/
  • YouGov (2015). Quantified Health. https://yougov.de/loesungen/ueber-yougov/presse/presse-2015/pressemitteilung-self-tracking-rund-jeder-dritte-wurde-gesundheitsbezogene-daten-an-krankenversicherer-weitergeben/ (10.01.2016)
  • Kramer U, Beyer S, Scherenberg V (2014). GAPP Online-Befragung: Gesundheits-Apps zur Aufklärung, Prävention und Patientenführung. Derzeitige Nutzung, wahrgenommene Chancen, Risiken sowie Einschätzung von Maßnahmen zum Abbau potentieller Hürden. EU Consultation on Mobile Health. https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/summary-report-public-consultation-green-paper-mobile-health 

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Dr. Ursula Kramer - Die Ap(p)othekerin bloggt auf HealthOn

DiGA-Expertin, Autorin, Beraterin

Die Vision eines gerechten, patientenorientierten Gesundheitssystems treibt die Ap(p)othekerin Dr. Ursula Kramer an. Digitalisierung sieht sie als Möglichkeit, diesem Ziel näher zu kommen. Seit 2011 testet sie Qualität, Sicherheit und Anwenderfreundlichkeit von Gesundheits-Apps, Medizin-Apps und Apps auf Rezept (DiGA). Sie will Transparenz schaffen und digitale Gesundheitskompetenz fördern. Sie teilt die Erfahrung aus der Analyse vieler tausender Gesundheits-Apps in der Beratung von Unternehmen, sie schreibt darüber im Blog auf HealthOn, hält Vorträge und erstellt wissenschaftliche Publikationen. Mehr zur Ap(p)othekerin Dr. Ursula Kramer...